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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 09.11.2023


MISS HOLOCAUST SURVIVOR. Kinostart: 9. November 2023
Sharon Adler

Der bewegende Kinodokumentarfilm begleitet zwölf Frauen im Alter von 82-97 Jahren Angehörige der Generation der letzten noch lebenden Holocaustüberlebenden bei einem einzigartigen und kontrovers diskutierten Schönheitswettbewerb in Haifa in Israel.




Das weltweit wohl prominenteste "älteste Model" ist die 1921 geborene jüdisch-amerikanische Stilikone Iris Apfel. Ihr vor allem ist es zu verdanken, dass Schönheit und Alter in der Fashionwelt nicht mehr als unvereinbare Gegensätze gesehen werden. Weit weniger internationale Aufmerksamkeit als die exzentrische New Yorker Designerin bekamen bislang ihre Altersgenossinnen in Israel, Teilnehmerinnen eines außergewöhnlichen wie einzigartigen Schönheitswettbewerbs, die in Sachen Stil und Schönheit mit den Standards in big apple durchaus mithalten können. Doch dabei geht es nicht nur um äußere Werte. Der unter dem Titel MISS HOLOCAUST SURVIVOR seit 2011 alle zwei Jahre stattfindende Wettbewerb in Haifa möchte die Überlebenden der Shoah würdigen und deren persönliche Geschichten sichtbar machen. Viele leben heute unterhalb der Armutsgrenze, leiden unter Krankheit und Einsamkeit. 90 % aller Überlebenden sind über 80 Jahre alt. Es zähle "die Persönlichkeit und die persönliche Geschichte des Überlebens", je größer sie sei, "desto größer (seien) die Narben", so die Initiator*innen. Veranstaltet wird der Schönheitswettbewerb von der gemeinnützigen israelischen Hilfsorganisation Yad Ezer L´Haver, die in Haifa ein Heim für die Überlebenden betreibt und sich um ihre besonderen Bedürfnisse kümmert.

Seitdem hat er im Land und in der gesamten jüdischen Welt für positive Resonanz, aber auch für Kontroversen gesorgt. So bezeichnete Colette Avital, Vorsitzende des Zentrums für Holocaust-Überlebende in Israel, der Dachverband von 58 Holocaust-Überlebendenverbänden, die Kür um den Titel als "sensationsgierig", während Chava Hershkovitz, die Gewinnerin im Jahr 2012, die Teilnahme als eine "Befreiung" empfand. Wie sie haben viele Überlebende jahrelang geschwiegen, zu groß war das Trauma, die Scham, das Erinnern an das Schreckliche, was ihnen widerfuhr. Das hatte auch die Initiatorin und Trauma-Therapeutin Izabella Grinberg im Blick. Sie wollte den Frauen, von denen viele in den Lagern sexualisierte Gewalt erfuhren, die Erfahrung eines neuen Selbstwertgefühls ermöglichen und etwas erleben zu können, "was ihnen in ihrer Jugend verwehrt geblieben ist".

MISS HOLOCAUST SURVIVOR. Der Wettbewerb, die filmische Dokumentation

Es sind zwölf Frauen im Alter von 77 bis 95 Jahren, die sich für den Titel angemeldet haben und die nun im Dokumentarfilm des in Gdansk, Polen geborenen Regisseurs Radek Wegrzyn portraitiert werden. Er begleitet die Frauen dabei, wie sie den Gang auf dem Laufsteg für das große Finale proben, er filmt das Miteinander, die Gespräche, die Anspannung, Vorfreude und manchmal auch Erschöpfung. Und er trifft sie auch in ihrer privaten Umgebung.

Eine dieser Frauen ist Rita Kasimov-Brown. "Ich bin Mutter, Großmutter. Ich bin Künstlerin. Und ich bin Holocaustüberlebende." Überlebt hat sie die Gräuel der Nazizeit 19 Monate lang in einem Erdloch, versteckt mit ihren Eltern und den beiden Geschwistern. Wenn sie vor der Kamera davon erzählt, wie sie als damals Siebenjährige versucht hat, sich das Leben zu nehmen, indem sie alle Knöpfe ihrer Kleidung schluckte, wirkt sie stark, verletzlich – und schön.
Es ist ihrem Gesicht anzusehen, was sie erlebt hat. Und wenn sie schließlich mit ihren Mitstreiterinnen zum Song "I will survive" auf den Laufsteg geht können wir ihr nur danken. Dafür, dass sie hier ist, dass sie ihr Leben nach dem Überleben gemeistert hat.

Wie die Überlebenden, die all das überstanden haben und die bis heute von den Erinnerungen an den Horror gequält werden sich seit dem 7. Oktober fühlen müssen, kann ich nur erahnen.

Es ist kein einfacher Film, aber einer, der im Gedächtnis bleibt. Gewidmet ist er den Frauen, die den Horror des Zweiten Weltkriegs überlebt haben und die bis heute von den Erinnerungen daran gequält werden.
"We have the duty to remember" sagt Regisseur Radek Wegrzyn in seinem persönlichen Video anlässlich der Kampagne #weremember.
In diesem Sinne ist es nicht nur ein Film für die Sichtbarkeit und Würdigung der Überlebenden, ihres Schicksals, ihres Muts und ihrer Schönheit, sondern auch ein Film gegen das Vergessen. In diesem Sinne kann ich auch dem Statement einer der Jurorinnen nur zustimmen: "Holocaust-Überlebende sind die wahren Heldinnen. Dank ihnen sind wir heute hier."

MISS HOLOCAUST SURVIVOR
Regie/Drehbuch: Radek Wegrzyn
Mit Rita Kasimow-Brown, Tova Ringer, Madeleine Schwartz, Heli Ben David, Izabella Grinberg, Shimon Sabag, Sarah Berkowitz
Kinostart: 9. November 2023
Mehr zum Film, der Trailer und Kinotermine unter: www.farbfilm-verleih.de







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Beitrag vom 09.11.2023

Sharon Adler